Der Schatz des Ramses

Der Schatz des Ramses


In einem kleinen Dorf am Rande des Nils lebten zwei Geschwister, Nefer und Ankh. Nefer war zwölf Jahre alt, neugierig und klug, während ihr jüngerer Bruder Ankh mit seinen zehn Jahren voller Tatendrang und Abenteuerlust steckte. Beide liebten es, Geschichten über das alte Ägypten zu hören, besonders jene über die Schätze der Pharaonen.

Eines Tages, während sie am Ufer des Nils spielten, entdeckten sie eine alte, verstaubte Schriftrolle, die teilweise im Sand vergraben war. Nefer hob sie vorsichtig auf und blies den Sand weg. Die Schriftrolle war mit Hieroglyphen bedeckt.

„Was meinst du, was das ist?“ fragte Ankh aufgeregt.

„Vielleicht eine Schatzkarte!“ antwortete Nefer mit glänzenden Augen.

Zu Hause angekommen, zeigten sie die Schriftrolle ihrem Vater, der ein Schreiber war und die Hieroglyphen lesen konnte. Er setzte seine Brille auf und studierte die Schriftrolle genau.

„Kinder, das ist unglaublich! Diese Schriftrolle beschreibt den Weg zu einem alten Schatz des Pharaos Ramses II. Der Schatz soll in einer geheimen Kammer tief in der großen Pyramide von Gizeh versteckt sein.“

Nefer und Ankh konnten ihr Glück kaum fassen. „Können wir den Schatz suchen?“ fragte Nefer.

„Nun“, sagte ihr Vater nachdenklich, „es ist ein gefährlicher Weg, aber ich vertraue darauf, dass ihr vorsichtig seid. Nehmt genügend Wasser mit und haltet zusammen.“

Am nächsten Morgen machten sich Nefer und Ankh auf den Weg. Sie folgten der Karte, die sie durch die heißen, sandigen Wüsten führte. Nach einigen Stunden Fußmarsch erreichten sie die majestätischen Pyramiden von Gizeh. Die gigantischen Bauwerke beeindruckten sie zutiefst.

„Schau, dort drüben!“ rief Ankh und deutete auf einen schmalen Eingang, der teilweise von Sand verdeckt war. Sie zwängten sich durch den Eingang und fanden sich in einem langen, dunklen Korridor wieder. Nefer zündete eine Fackel an, die sie mitgebracht hatten, und der Weg vor ihnen erleuchtete sich.

Die Schriftrolle führte sie tiefer in die Pyramide, vorbei an beeindruckenden Wandmalereien und steinernen Statuen. Plötzlich hörten sie ein leises Zischen. Ankh sprang zurück und sah eine giftige Schlange, die sich ihnen näherte.

„Keine Panik“, sagte Nefer ruhig. „Wir müssen langsam zurückweichen.“ Vorsichtig zogen sie sich zurück, bis die Schlange in einem anderen Gang verschwand.

Als sie weitergingen, erreichten sie eine große Kammer mit hohen Säulen. In der Mitte des Raumes befand sich eine schwere Steintür, die mit Hieroglyphen bedeckt war. „Das muss es sein“, flüsterte Ankh ehrfürchtig.

Nefer las die Inschrift laut vor: „Nur die, die das Herz eines Pharaos kennen, dürfen eintreten.“ Sie sahen sich ratlos an. Dann fiel Nefer ein: „Das Herz eines Pharaos war gerecht und weise. Vielleicht müssen wir das hier zeigen.“

Sie legten ihre Hände auf die Tür und konzentrierten sich, dabei dachten sie an die Weisheit und Gerechtigkeit der Pharaonen. Langsam öffnete sich die schwere Steintür und gab den Blick frei auf eine prächtige Kammer voller Gold, Juwelen und kostbarer Artefakte.

„Das ist der Schatz des Pharaos!“ rief Ankh begeistert.

Nefer nickte, aber sie erinnerte sich an etwas, das ihr Vater immer sagte: „Die wahre Bedeutung eines Schatzes liegt nicht im Gold, sondern im Wissen und der Geschichte, die er mit sich bringt.“

Sie verbrachten Stunden damit, die Artefakte zu untersuchen und die Geschichten, die sie erzählten, zu entdecken. Sie fanden eine Statue von Ramses II., kunstvolle Schmuckstücke und uralte Papyrusrollen, die von den Errungenschaften des alten Ägyptens berichteten.

Mit einem letzten Blick auf den Schatz machten sich Nefer und Ankh schließlich auf den Rückweg. Sie wussten, dass sie das Wissen, das sie gefunden hatten, mit ihrem Dorf teilen würden, anstatt den Schatz mitzunehmen.

Als sie nach Hause kamen, empfing ihr Vater sie mit offenen Armen. Sie erzählten ihm alles, was sie erlebt hatten und zeigten ihm die Aufzeichnungen, die sie mitgebracht hatten.

„Ihr habt etwas viel Wertvolleres gefunden als Gold“, sagte ihr Vater stolz. „Ihr habt die Geschichte unseres Volkes entdeckt.“