
Tim und die Weihnachtszeitreise
Tim war ein neugieriger Junge mit braunen Haaren und einer Brille, die er ständig auf seiner Nase hochschieben musste. Er liebte Bücher und Geschichten, besonders solche, die von Abenteuern in anderen Zeiten handelten. Aber selbst in seinen wildesten Träumen hätte er nicht gedacht, dass er selbst eines Tages in die Vergangenheit reisen würde – und dabei Weihnachten retten könnte.
Alles begann an einem verschneiten Nachmittag kurz vor Weihnachten. Tim war allein in der alten Bibliothek seines Großvaters. Zwischen staubigen Büchern und Regalen, die bis zur Decke reichten, fand er ein besonders seltsames Buch. Es hatte einen Einband aus Leder und war mit einem goldenen Schloss verschlossen.
„Wie soll ich das denn lesen?“ murmelte Tim, als plötzlich ein Schlüssel aus dem Buch fiel. Er passte genau in das Schloss. Als Tim das Buch aufschlug, begann es zu leuchten. Bevor er überhaupt reagieren konnte, zog ihn das Licht in die Seiten hinein – und plötzlich fühlte er sich, als würde er durch die Luft wirbeln!
Als das Licht verschwand, stand Tim in einer schmalen, dunklen Gasse. Die Luft war kalt, und aus einem kleinen Fenster in der Nähe schimmerte schwach Kerzenlicht. Die Gasse roch nach Holzrauch und gebratenem Fleisch, aber auch ein bisschen nach feuchtem Stroh.
Tim sah sich um und stellte mit großen Augen fest: Er war nicht mehr in seiner Zeit! Männer mit Zylindern und Frauen in langen Röcken gingen vorbei, Kinder trugen abgetragene Mäntel und spielten mit Reifen aus Holz. Er hatte das Jahr 1880 betreten!
Doch nicht alle Menschen sahen fröhlich aus. In einer Ecke saß ein Mädchen mit zerzausten Haaren und einem dünnen Schal. Sie hielt ihren kleinen Bruder im Arm und schien zu frieren. Tim ging näher heran. „Hallo, geht es euch gut?“ fragte er vorsichtig.
Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Wir haben nichts zu essen, und der Ofen in unserem Haus ist kaputt. Es wird ein trauriges Weihnachten“, sagte sie leise.
Tim wusste sofort, dass er helfen musste. Doch wie?
Zum Glück erinnerte Tim sich an Geschichten, die sein Großvater ihm erzählt hatte. In dieser Zeit war Weihnachten für viele Menschen nicht so fröhlich wie heute. Doch Tim war entschlossen, etwas zu ändern.
Er begann, die Stadt zu erkunden, um Hilfe zu finden. Er klopfte an die Tür einer Bäckerei und erzählte dem freundlichen Bäcker von der Familie des Mädchens. „Ich werde ihnen Brot und Kuchen bringen“, versprach der Bäcker.
Dann ging Tim zu einem Holzfäller, der gerade Feuerholz stapelte. „Eine Familie braucht dringend Wärme für Weihnachten“, erklärte Tim. Der Holzfäller nickte und lud einige Scheite auf seinen Wagen.
Schließlich gelangte Tim zu einem reichen Kaufmann, der in einem großen Haus wohnte. Er sammelte all seinen Mut und sagte: „Es gibt Kinder in dieser Stadt, die nichts zu essen haben. Können Sie helfen?“ Der Kaufmann war überrascht von Tims Worten, aber schließlich stimmte er zu, Lebensmittel und Spielzeug zu spenden.
Am Abend des Heiligen Abends kehrte Tim mit seinen neuen Freunden – dem Bäcker, dem Holzfäller und dem Kaufmann – zu der kleinen Familie zurück. Das Mädchen und ihr Bruder konnten es kaum glauben, als sie sahen, wie das kleine Zimmer mit Holzscheiten beheizt wurde, duftendes Brot auf den Tisch kam und bunte Geschenke ausgepackt werden konnten.
Doch Tim wollte noch mehr tun. „Weihnachten ist ein Fest der Gemeinschaft“, sagte er und lud auch die anderen Kinder aus der Nachbarschaft ein. Bald war das kleine Haus voller Lachen, Musik und warmer Herzen. Die Kinder sangen Weihnachtslieder, und die Erwachsenen erzählten Geschichten.
Das Mädchen und ihr Bruder hatten Tränen in den Augen – doch diesmal waren es Tränen der Freude.
Als der Abend zu Ende ging, begann Tims Buch in seiner Tasche plötzlich wieder zu leuchten. „Musst du schon gehen?“ fragte das Mädchen traurig.
Tim nickte. „Aber denkt daran: Wenn ihr zusammenhaltet, wird jedes Weihnachten schön.“
Das Licht umhüllte ihn, und im nächsten Moment war er zurück in der Bibliothek seines Großvaters. Alles war wieder wie vorher – bis auf eines: Tims Herz war voller Wärme, und er wusste, dass er etwas Gutes getan hatte.
Am Weihnachtsabend erzählte Tim seiner Familie die Geschichte von seiner Zeitreise. Sie hörten gebannt zu, auch wenn sie ihm kaum glauben konnten. Doch Tim wusste, dass es wirklich passiert war. Und in seinem Herzen nahm er sich vor, jedes Jahr dafür zu sorgen, dass Weihnachten für möglichst viele Menschen ein Fest der Freude und des Lichts bleibt – ganz egal, ob in der Vergangenheit oder in der Gegenwart.